Know-how #5: Healing Architecture
Die heilende Kraft der Architektur
Healing Architecture bedeutet im übertragendem Sinne „heilende Architektur“ und beschäftigt sich mit der Raumgestaltung pflegerischen Einrichtungen. Die gezielten Gestaltungskonzepte bieten sich als therapieunterstützende Maßnahmen für das körperliche und seelische Wohlbefinden an, da die gesteigerte Aufenthaltsqualität Hemmschwellen senkt und Ängste reduziert.
Dies ist medizinisch nachweisbar und auch Angehörige und Pflegekräfte fühlen sich in einer ansprechenden Raumatmosphäre wohler. Besonders demenzerkrankte Menschen benötigen viel Aufmerksamkeit, da sie häufig die Orientierung verlieren und in ihrer motorischen und kognitiven Wahrnehmung beeinträchtigt sind. Durch die Vergesslichkeit kann Verwirrtheit oder Wut entstehen.
Anhand von entsprechender Raumgestaltung können diese Symptome gelindert werden. Eingesetzte Materialien wie warme Holzoberflächen und gut aufgeteilte Grundrisse mit z.B. variabler Bettstellung und großen Fenstern, haben einen bedeutenden Einfluss auf die menschliche Wahrnehmung. Die Nutzung von klaren Farben, ruhigen Formen und haptischen Strukturen ermöglicht die Umwelt besser zu erkennen und hilft zur besserer Orientierung. – z.B. durch den Einsatz von Farbhorizonten als Wandanstrich. Bei der Gestaltung von Pflegeräumen sollte unbedingt auf wilde Muster verzichtet werden, da diese nicht vollständig mental verarbeitet werden können und zusätzlich die Verwirrung steigern kann.
Sich im Raum zu bewegen ist eine der ältesten kognitiven Fertigkeiten des Menschen. Im voranschreitenden Alter schwindet die räumlichen Erfassung und deswegen ist umso wichtiger sich in einer vertrauten Umgebung aufzuhalten, die Sicherheit und Geborgenheit vermittelt. Zu den wichtigsten Einflussfaktoren der healing architecture zählen das Licht, die Luftqualität, eine angenehme akustische Umgebung sowie der Bezug zur Natur. Denn in dieser liegt sprichwörtlich die Ruhe und die Kraft, die uns erlaubt zu erholen und zu regenerieren.
Bei demenzerkrankten Menschen kann durch naturähnliches Design ein Gefühl von Sicherheit erzeugt werden. Dieses löst positive Erinnerungen aus und weckt das Vertrauen der „bekannten“ Vergangenheit. Z.B. bedarf es bei der Planung von Seniorenheimen viel natürliches Licht, welches sich mit großzügigen Fensterfronten und gekonnt eingesetzten steuerbaren Leuchten erzielen lässt. Denn Beleuchtung ist enorm wichtig und trägt nicht nur zur positiven Aufenthaltsqualität bei, sondern unterstützt auch den menschlichen Tag- und Nachtrhythmus der enorm wichtig für eine gute Schlafqualität ist. Unterstützend zum Tageslicht, kann eine Mischung aus indirekter atmosphärischer Akzentbeleuchtung und einer gleichmäßigen technischen Ausleuchtung genutzt werden um eine harmonische und wohnliche, aber vor allem schattenarme Raumatmosphäre zu erzeugen.
Um die starken Symptome von Demenzpatienten zu lindern, werden sogar bis zu viermal höhere Beleuchtung und auch viele farbliche Kontraste in der Raumgestaltung genutzt.
Durch den Einsatz von gut durchdachten „healing architecture“ Raumkonzepten wird die Gesundheit der Bewohner, sowohl körperlich als auch mental, positiv beeinflusst. Beginnend bei der bereits erwähnten Orientierung kommen auch Kontrolle und Selbstbestimmung zurück. Dadurch fühlen sich die Menschen sicherer und das Stresslevel wird reduziert, was zur Folge hat, dass der Blutdruck gesenkt wird. Somit werden im Ganzen weniger Medikamente wie Schlaf-, Schmerz- oder Beruhigungsmittel benötigt. Und wie sagt man so schön: Zufriedenheit steckt an! Wenn die Patienten glücklicher sind, ist es das Personal auch. Und in schönen Räumen, lässt es sich sowieso besser arbeiten. Auch Angehörige genießen die Besuche in einer Wohlfühlatmosphäre und kommen öfter in ein Pflegeheim.
Wir sind uns bewusst, dass wir als Gestalter und Umsetzer in der Verantwortung stehen, einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten. Mit dem entwickelten Konzept „home2be“ möchten wir dieser älteren Generation etwas zurückgeben. Denn schließlich werden auch irgendwann unsere Eltern und schließlich wir selbst solch eine Einrichtung beziehen (müssen) – und ungern den Gedanken der Endstation fühlen, sondern die Vorstellung eines weiteren Zuhauses erleben.
Quellen:
„Healing Architecture – Buch von Christine Nickl-Weller und Hans Nickl“
„Colours that care Parte 1 und 2 – Magazin von forbo
„Gestaltung von Pflegeheimen für Senioren und Demenzkranke – Tarkett“